Action Management

Warum Manager Mist bauen

23.9.2014 von Business & IT

Manager fallen neuerdings in den Medien weniger durch große Erfolge, als durch grandiose Fehler auf. Dabei müssen Führungskräfte nur fünf simple Grundsätze beherzigen, um keinen Mist mehr zu bauen.

ca. 6:10 Min
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Wenn früher Manager einen Executive Coach bemühten, redeten sie über Erfolgs-, Methoden- und Karrierefragen. Heute ist eine der im Coaching am häufigsten gestellten Fragen: "Wie verhindere ich den alles entscheidenden Bockmist, der mir das Genick bricht?" Eine brutale, aber richtige Frage. Nicht nur für die Führungskraft. Es profitieren alle davon, wenn Manager aufhören, Mist zu bauen: Unternehmen, Shareholder, Kunden, Steuerzahler. Das dürfte nicht so leicht sein? Immerhin tauchen im Laufe eines ganz normalen Arbeitstages genügend, ja unzählige Gelegenheiten auf, kräftig die Mistgabel zu schwingen? Das dachte ich lange auch - und habe mich getäuscht.

Fünf Arten Mist

Die Täuschung fiel mir auf, als ich mich über den absolut vermeidbaren Bockmist des Vorgesetzten eines Klienten - übrigens zusammen mit dem Klienten - so aufregte, dass ich im Augenblick des Zorns meinen nicht unerheblichen Verteiler aktivierte und mehrere Hundert Führungskräfte anfragte: "Geht euch der Mist im Management nicht auch auf den Senkel? Erzählt mal!" Mein IT-Techniker erschaudert heute noch bei der Erinnerung an den Tag, "an dem der Schuster mit seiner verdammten Mail-Lawine das halbe Internet lahmlegte". Bis heute laufen die Horrorgeschichten ein. So viele, dass sie ein ganzes Buch füllen könnten - was sie mittlerweile auch tun. Das Gute an dieser Grusellawine aus dem Management: Sie ermöglichte eine belastbare Faktoranalyse. Diese ergab eine Überraschung: Nicht unzählige Fallen lauern auf den Manager. Es sind lediglich fünf:

  1. Hybis: "Ich bin Gott und Gott sieht alles!"
  2. Logorrhö: "Lass uns mal darüber reden!"
  3. Inputitis: "Da geben wir mächtig Gas!"
  4. Hierarchitis: "Ich würde ja schon gerne - aber die da oben!"
  5. Hopping: Und die nächste Sau durchs Dorf ...

Praxisbeispiel PM-Software

Betrachten wir das Beispiel eines größeren Unternehmens, das dem Zettelwerk und dem Systemwirrwarr in seinem Projektmanagement (PM) ein Ende bereiten möchte und deshalb eine maßgeschneiderte PM-Software in Auftrag gibt. Für Soft- und Hardware gibt das auftraggebende Unternehmen zusammen einen substanziellen sechsstelligen Betrag aus.

Fünf Monate nach Einführung der neuen Software ergibt sich unter den rund 70 Projektleitern eine Nutzungsquote von 30 Prozent. Die meisten arbeiten lieber weiter mit Word, Excel oder sogar ihrem ausgetüftelten Zettelwerk. Der IT-Leiter tobt. Nicht lange. Dann muss er gehen und mit ihm der Leiter des Projektes. Denn der Geschäftsführer tobt auch und entlässt wild fluchend wahllos Kompetenzträger: "So einen Mist können wir uns einfach nicht leisten!" Was ist passiert? Worauf tippen Sie?

Es tut mir leid: Das war eine Fangfrage. Viele Führungskräfte sehen es auf den ersten Blick: Akzeptanzproblem nach Implementierung? Betroffene wurden nicht ausreichend ins Boot geholt. Warum sehen das manche auf Anhieb? Weil sie sehen können. Nämlich die komplette Prozesskette einer Implementierung.

Der IT-Leiter sah am Ende nur noch den Prestigewert des Projektes, der interne Projektleiter die Zahlen und der Systemlieferant natürlich die technische Umsetzung. Und jeder von ihnen dachte: "Ich habe alles im Blick." Das ist keine Übersicht. Das ist Hybris, eine von fahrlässiger Selbstüberschätzung verursachte Wahrnehmungsverzerrung.

Hört endlich auf zu reden!

Inzwischen hat der Geschäftsführer einen neuen IT-Leiter für den Schleudersitz bestellt. Dieser ist dank einer kurzen Bekanntschaft mit dem Action Management deutlich mistresistenter als sein Vorgänger. Als er den vom Geschäftsführer zwischenzeitlich eingesetzten und seit Wochen tagenden "Arbeitskreis zur Integration interner Endanwender" entdeckt, sagt er bei der ersten Sitzung: "Mit wie vielen Endanwendern habt ihr denn bis heute gesprochen? Mit keinem? Dann ist das hier kein Arbeitskreis. Das ist die galoppierende Logorrhö, die reine Geschwätzigkeit!"


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Das muss man sich erst einmal trauen! Das erregt die Gemüter, weshalb einer der Teilnehmenden wütend einwendet: "Immerhin haben wir in das Problem schon über hundert Personenstunden investiert!" Worauf der neue IT-Leiter erwidert: "Und das ist Inputitis: Das habt ihr reingesteckt. Aber was ist dabei herausgekommen?" Ist das nicht ein wenig trivial? Nein.

Das ist nicht trivial. Das ist ultratrivial im Sinne von: Jeder sieht das im Nachhinein sofort ein - und trotzdem macht das im Vorfeld kaum einer. Warum das so ist, ist mir ein Rätsel - das sollen die Organisationspsychologen ausbaldowern. Ich weiß nur: Wer bis fünf zählen kann und auch tut, wird mistresistent. Denn die einfache Lösung des Problems heißt Action Management. Es funktioniert mit der Fünf-Finger-Methode:

  1. Daumen: Mach die Augen auf!
  2. Zeigefinger: Mach endlich!
  3. Mittelfinger: Mach, was Sinn hat!
  4. Ringfinger: Mach's einfach!
  5. Kleiner Finger: Mach fertig!

Also hebt der neue IT-Leiter nacheinander drei Finger und sagt: "Wir sehen (Daumen), was uns noch fehlt. Also lasst uns endlich (Zeigefinger) mit sämtlichen Projektleitern reden. Das ist das einzige, was Sinn hat (Mittelfinger)!" Weil es so ist, kommt sofort die Widerrede: "Aber das haben wir doch schon ganz zu Beginn des Projektes gemacht!" Das stimmt - aber offensichtlich nicht ausreichend. Und viel zu kompliziert, wie sich herausstellt. Hier kommen also noch der Ring- und der kleine Finger ins Spiel.

Mach's einfach!

Ganz zu Beginn des Projektes bekamen sämtliche Projektleiter einen Fragebogen zu den Anforderungen an die neue PM-Software, "für den man ein Zusatzstudium und drei Stunden Zeit braucht", wie der Wortführer der Projektleiter bitter bemerkt. Der alte IT-Leiter meinte: "So viel Zeit sollte euch die neue Software schon wert sein!" Die Projektleiter meinten: "Haben wir aber nicht!"

Der Arbeitskreis diskutiert sich einen Wolf, wie man den Fragebogen einfacher gestalten könnte. Der neue IT-Leiter tippt an seinen Ringfinger: "Leute, ihr macht das viel zu kompliziert. Keiner von uns füllt gerne stundenlang Fragebögen aus. Lasst es uns ganz einfach machen. Lasst uns einfach direkt und persönlich mit den Leuten reden - es sind doch bloß 70!"

Zusammen mit drei in der empirischen Felderhebung versierten Mitarbeitern erledigt er das binnen zwei Wochen. Und als die Programmierer einige der Wünsche der Endanwender nicht innerhalb der Kostenlinie durchsetzen können, geht der IT-Leiter in eine zweite Gesprächsrunde, um die Projektleiter trotzdem ins Boot zu holen: Er zieht seine partnerschaftliche Kommunikationsstrategie bis zum Ende konsequent durch. Der alte hielt Konsequenz bei der Durchführung nicht in allen Punkten für nötig.

Das Goethe-Prinzip

Seit der paradigmenbildenden E-Mail-Lawine sind Monate ins Land gegangen. Inzwischen gibt es genügend Trainings-, Coaching- und Beratungserfahrung mit Action Management. Das Beste daran: Es funktioniert. Das Schönste daran: Es braucht nur Sekunden. Erst neulich sagte mir ein Bereichsleiter: "Wir haben schon immer W-Meetings gemacht: Wer macht was, womit, bis wann, mit welchem Endergebnis? Inzwischen nehmen wir die fünf Finger dazu."

Diese werden in allen Besprechungen immer und immer wieder runterdekliniert: Was übersehen wir gerade? Was hält uns vom sofortigen Handeln ab? Was ist überhaupt sinnvoll? Wie können wir es uns noch einfacher machen? Und welche losen Enden kappen wir oder führen sie zu Ende?

Das Gefährliche an den fünf Prinzipien beim Action Management ist: Sie sind zu einfach. Wie Goethe meinte: "Es verdrießt die Menschen, dass das Geniale so einfach ist. Sie vergessen darüber, dass sie es erst einmal umsetzen müssen." Menschen mit hohem Geltungsund Statusbewusstsein, mit starker Neigung zum Impression Management und großem Drang, ständig von der zunehmenden Komplexität und Dynamik, also von der wachsenden Dynaxität (neuestes Modewort) im Business zu reden, tun sich erfahrungsgemäß schwer mit etwas, das so einfach ist, dass es immer und überall funktioniert. Alle anderen profitieren davon.

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