Unternehmensführung

Planungskomplexität gekonnt reduzieren

19.2.2014 von Business & IT

Viele Veränderungsprojekte scheitern daran, dass sich die Verantwortlichen bei der Umsetzung in komplexen Sachverhalten verzetteln, und das eigentliche Ziel aus den Augen verlieren. Das muss nicht sein, meint unser Autor. Das Prinzip der "zielorientierten Planlosigkeit" ermöglicht es, die Planungskomplexität von vornherein zu reduzieren und sich auf das Ergebnis zu konzentrieren.

ca. 9:25 Min
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Viele Vorhaben sehen auf den ersten Blick einfach aus. Sobald man aber ins Detail geht, sich genauer mit den Dingen beschäftigt, fangen sie an, kompliziert zu werden, erweisensich vielleicht sogar als komplex. Woran liegt das? Ganz einfach: Die Faktoren, die bei eingehender Beschäftigung mit der Aufgabe deutlich werden und eine Rolle spielen, nehmen zahlenmäßig mit jeder weiteren Detaillierung zu. Die Gefahr, den Blick für das Wesentliche zu verlieren, ist groß, die Interdependenz tendenziell nicht mehr beherrschbar, und es kommt zum Verlust der - wie Forscher sie nennen - optimalen kognitiven Distanz zu einem Problem.

Wir Menschen sind grundsätzlich nicht sonderlich gut dafür ausgelegt, mit komplexen Sachverhalten umzugehen. Neuesten Erkenntnissen zufolge können wir uns gedanklich nicht - wie lange vermutet - mit sieben, sondern nur mit vier Dingen gleichzeitig beschäftigen. Angesichts mehrerer hundert oder gar tausend Faktoren, die in einem komplexeren Projekt eine Rolle spielen, macht diese Differenz allerdings keinen Unterschied.


Matthias Kolbusa
Der Autor: Matthias Kolbusa
© Matthias Kolbusa

Worum geht es also bei Komplexitätsbeherrschung? Zunächst um eine Entscheidung: Da Sie nur in eine Richtung V arbeiten können, sollten Sie sich entweder auf die wirklich relevanten Faktoren fokussieren und diese auf verschiedenen Abstraktionsebenen durchspielen. Oder Sie legen den Fokus auf ein ausgewähltes Thema und arbeiten es durch.

Setzen Sie also wirklich Prioritäten, und erklären Sie nicht, wie so häufig üblich, alles zu einer Priorität. Denn an Ihren prinzipiell begrenzten Fähigkeiten mit Komplexität um- beziehungsweise eben nicht umgehen zu können, werden Sie kaum etwas ändern - auch wenn Sie noch so viel Sudoku lösen oder Gehirnjogging betreiben.

Wenn die Dinge komplex werden

Um Komplexität geschickt managen zu können, ist es zunächst wichtig, die Dimensionen der Komplexität und ihre grundsätzlichen Treiber zu kennen. Es gibt vier Kennzeichen von Komplexität, das heißt vier Komplexitätstreiber: der Komplexität und ihre grundsätzlichen Treiber zu kennen. Es gibt vier Kennzeichen von Komplexität, das heißt vier Komplexitätstreiber:

1. Flux

Mit dem, was Komplexitätsforscher gerne "Flux" nennen, ist ein hoher Veränderungsgrad bei relevanten Elementen gemeint, die im Laufe der Zeit auftauchen und wieder verschwinden können. Ein dauernder rapider Wechsel maßgeblicher Faktoren macht es zum Beispiel unmöglich, die Zukunft eines Unternehmens vorherzusagen, geschweige denn zu kontrollieren. Ein kurzer Pressebericht über die schlechte Entlohnung von Arbeitern in Billigproduktionsländern oder über schlechte Umweltvorkehrungen in den Produktionsstätten kann zu einem plötzlichen Verbraucherboykott führen und das Unternehmen schnell in Schieflage bringen.

2. Interdependenz

Unter den wichtigen Faktoren herrscht ein hoher Grad an Vernetzung. Alles ist mit allem und jedem verbunden - ob in ökonomischer, sozialer oder politischer Hinsicht. Alles, was ein Unternehmen tut oder nicht tut, hat Einfluss auf die Bedingungen, unter denen es agiert.

Senkt zum Beispiel ein Discounter die Preise eines Produktes, ziehen andere Discounter womöglich nach. Weil sich dadurch der Druck auf die Lieferanten dieses Produktes erhöht, gilt es, Wege zu suchen, die Marge zu erhöhen.

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3. Widersprüchlichkeit

Wenn es zu ein und demselben Sachverhalt verschiedene mögliche Interpretationen gibt, Informationen unvollständig oder Ursache-Wirkungs-Beziehungen undeutlich sind, beherrscht ein Mangel an Klarheit die Szenerie. Als Energieversorger konnten Sie beispielsweise vor der Energiewende nur ahnen, wohin sich die Energiepolitik entwickelt.

4. Diversität

Gleichgültig, um welche Art von Problem, Prozess, Entscheidung es geht - es gibt immer unterschiedliche Stimmen, Perspektiven, Meinungen und damit auch Störungen, Hemmnisse, Grenzen. Und sie kommen immer aus verschiedenen Richtungen, denn ein Unternehmen hat sowohl Kunden, Wettbewerber, Mitarbeiter, und es wird von Regierungen, Aktionären und anderen Interessenten beeinflusst. Diversität bedeutet also nicht nur, dass es mehr zu beachten gibt, sondern dass es zu diesem Mehr auch Verschiedenes zu beachten gibt.

Fachliche und menschliche Einflussfaktoren

Diese vier Komplexitätstreiber treten in der Regel nicht nur einzeln, sondern gemeinsam auf. So zum Beispiel bei einem Routenplaner, der nicht nur den Weg von A nach B zeigen soll, sondern zusätzlich zur linearen Verbindung Baustellen, Staus und andere Ereignisse wie schöne Landschaften oder das Wetter kontinuierlich berücksichtigt. Die Anzahl sich gegenseitig beeinflussender Faktoren nimmt zu und macht die Planung komplex.

Bei bestimmten Wetterbedingungen kann es möglicherweise eher zu Staus kommen, da langsamer gefahren wird und sich mehr Unfälle ereignen. Diese Möglichkeit muss aber nicht zwangsläufig eintreffen. Und auch bei Baustellen ist der anzunehmende Zeitverlust ganz stark davon abhängig, wie viele Spuren gesperrt sind und welchen Einfluss das auf den Verkehr hat. Das, was im Beispiel des dynamischen Routenplanungssystems zum Ausdruck kommt, nenne ich fachlich-sachliche Komplexität.

Nun gewinnt diese an sich schon diffizile Herausforderung unter dem zusätzlichen Einfluss des Faktors Mensch an Brisanz. Und Umsetzung ohne Manager und Mitarbeiter ist nun einmal nicht möglich. Wir haben es somit bei Veränderungsprozessen nicht nur mit einer Vielzahl vernetzter und variabler Sachfaktoren zu tun, sondern auch mit den verschiedensten Sicht- und Reaktionsweisen der Beteiligten darauf.

Allein schon die gemeinschaftliche Herausarbeitung von nur acht bis zwölf für die Umsetzung entscheidenden Faktoren ist bei zehn verschiedenen Meinungen alles andere als einfach. Wenn neben den verschiedenen Erfahrungen und Sichtweisen noch unterschiedlichste Interessenslagen, Positionierungs- und Profilierungsbedürfnisse ins Spiel kommen, entsteht das, was ich die sozialemotionale Komplexität nenne.

Bei trivialen Themen ist die fachlichsachliche Komplexität ebenso gering wie die sozial-emotionale. Das heißt, man ist sich schnell einig. Größer wird die Herausforderung, wenn die fachlich-sachliche Seite als komplex einzustufen ist - wenn also viel Fachwissen und Tiefgang verlangt wird, bevor die erworbenen Erkenntnisse auf die Konzeption oder Planung angewendet werden können. Zum "Hexenkessel" wird das Umsetzungsmanagement, wenn nicht nur die Materie fachlich sehr anspruchsvoll ist, sondern außerdem die Sicht und die Haltung einzelner Interessensgruppen deutlich unterschiedlich ausgeprägt sind.

Ihr Umsetzungsmanagement ist zwangsläufig von Komplexität geprägt - Komplexität sachlich-fachlicher sowie sozial-emotionaler Art. Und - dies kann nicht oft genug betont werden - Sie können diese Komplexität nicht reduzieren, sondern müssen sich mit ihr auseinandersetzen.

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Planungskomplexität reduzieren

Im Gegensatz zur verbreiteten Ansicht, dass weitsichtiges Handeln ein Zeichen von Klugheit und Verantwortung ist, behaupte ich, dass es nichts anderes ist als der Versuch, Unsicherheitsgefühle zu kompensieren und die Beherrschbarkeit der Realität zu suggerieren.

Pläne basieren auf Idealisierung und genau das ist der Grund, weshalb sie so oft nicht einzuhalten sind. Sie wecken falsche Erwartungshaltungen und lenken den Fokus auf den Input - auf Aktivitäten, Meilensteine, Kurzfristergebnisse. Um Umsetzungen auf einen erfolgreichen Kurs zu bringen, müssen Sie das Ergebnis, also das angestrebte Ziel in den Vordergrund stellen und nur über Fortschrittskriterien berichten, die dokumentieren, dass sie diesem Ziel näherkommen.

Während sich zusätzlicher Aufwand in der Konzeption primär positiv auf die Ausführung auswirkt und für deutliche Zugewinne an Produktivität, Geschwindigkeit und Momentum sorgt, trifft die Aussage "Planung reduziert den Aufwand" meiner Erfahrung nach nicht zu. Das genaue Gegenteil ist der Fall: Eine zu detaillierte Umsetzungsplanung sorgt nicht für Produktivität, sondern vernichtet sie eher. Wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, mit Plänen die Realität vorbestimmen zu können:

  • Das Durchdenken von zeitlich weitreichenden Plänen (mehr als ein bis drei Wochen) führt automatisch dazu, den Fokus auf Aktivitäten zu legen und den Anlass des Plans, nämlich das angestrebte Ergebnis, aus dem Blick zu verlieren.
  • Wo Aktivitäten in den Vordergrund rücken, fallen den Beteiligten immer weitere angeblich nötige Aktivitäten ein - ein unangenehmer, weil ressourcenfressender Schneeballeffekt.
  • Wo Aktivitäten geplant sind, werden sie auch eingehalten; was besprochen und vereinbart wurde, wird auch umgesetzt. Diese an sich lobenswerte Haltung führt leider oft zur Unproduktivität, weil mit gleicher Konsequenz auch an Fehlplanungen festgehalten wird - selbst dann, wenn sie als solche erkannt werden. Das Ergebnis im Umsetzungsprozess: unnötige inhaltliche Arbeit und viel unnötiger Aufwand, Zeit- und Energieverlust sowie Stress.
  • Geplante Dinge werden vernünftigerweise auch kontrolliert. Die beiden Negativeffekte davon sind: Die Planung kostet viel Zeit, die Kontrolle ebenso. Außerdem erzeugt das Kontrollieren eine Rechtfertigungshaltung, orientiert an Plänen und nicht an Ergebnissen.
  • Es bildet sich eine falsche Umsetzungskultur heraus, die blockiert und nicht motiviert.

Immer auf Sicht fahren

Für anstehende Veränderungen wünschen sich wohl die meisten Menschen einen Plan an die Hand. Da Umsetzungen von Strategien generell nicht im engeren Sinne planbar sind, braucht es also andere Orientierungsgrößen: Nach dem Motto "Der Weg ist das Ziel" sollten Sie immer das Ziel vor Augen haben als Richtschnur für alle Schritte, die Sie beiIhrem Vorhaben tun müssen

Fahren Sie - insbesondere bei der Planung - immer auf Sicht, auch wenn es sich ungewohnt anfühlt und die eine oder andere Verunsicherung hervorruft. Versuchen Sie, sich an folgenden Grundsätzen zu orientieren:

  • Gutes Umsetzungsmanagement hat eine klare Vorstellung des Vorgehens und fährt in der Planung immer nur auf Sicht (Aktivitäten im Wochen- oder Zweiwochenrythmus angelegt).
  • Die Frage nach dem genauen Vorgehen beantwortet ein guter Umsetzungsmanager mit: "Das weiß ich auch nicht. Ich kann Ihnen aber sagen, woran wir merken oder messen, dass wir vorankommen, und welches die nächsten Schritte dafür sind." Denn keiner kann sagen, was in zwei Monaten sein wird. Das Vorgehen muss durchdacht sein, Struktur und Systematik haben und drei bis fünf ausgewählte Kriterien, die anzeigen, ob man sich dem Ziel nähert oder nicht.
  • Anhand dieser Kriterien erfolgt die Fortschrittskontrolle - und nicht durch das Abhaken von Aktivitäten. Überprüfen Sie an maximal fünf Kriterien immer wieder den Fortgang Ihres Projekts, um festzustellen, ob Sie noch dem allgemeinen Ziel auf der Spur sind oder dabei, sich in Einzelheiten zu verlieren.
  • Diese Art der Fokussierung und Effektivität verlangt ein hohes Maß an Flexibilität. Sie ermöglicht, mit Unschärfe und Unsicherheit professionell umzugehen und verleiht die nötige Souveränität in der Handhabung dynamischer Pläne und Entscheidungen.

Klare Ergebniskriterien

Beispielsweise wurde innerhalb eines Veränderungsprojektes, bei dem es um die Steigerung der internen Kundenwertschätzung in den nächsten fünf Jahren ging, ein detaillierter Kommunikationsplan ausgearbeitet, der genau vorgab, welche Inhalte zukünftig an wen in welcher Form kommuniziert werden. Der für die Kommunikation zuständige Teilprojektleiter sorgte auch für die Erledigung der dort genanntenAktivitäten und hakte sie sukzessive ab.

Das Ergebnis: Die Mitarbeiter fühlten sich vom Management nicht mitgenommen (beteiligt) und trotz Kommunikation nicht erreicht. Keine Seltenheit in Unternehmen! Es ist immer wieder dasselbe Phänomen: Die Konzentration wird auf gut gemeinte Pläne undAktivitäten gerichtet und nicht auf das angestrebte Ergebnis.

Der Teilprojektleiter Kommunikation hätte - dies wäre die bessere Alternative gewesen - anhand folgender Kriterien seinen Fortschritt reporten sollen:

  1. Deckungsgrad der Rückkopplungen von Manager und Kommunikation
  2. Emotionales Feedback Mitarbeiter (Zielgruppe)
  3. Inhaltliches Feedback Mitarbeiter (Zielgruppe)

Bei seinem Bericht darüber, wie er dem Ziel näherkommt, wären ihm die Kommunikationsdefizite aufgefallen, und er hätte nach Wegen suchen können, um sie zu beseitigen.

Es geht hier also nicht nur um harte und geprüfte Fakten, es gelten auch authentische und ehrliche Einschätzungen als Gradmesser des Umsetzungsverlaufs. Machen Sie die Welt nicht komplizierter als nötig! Verfolgen Sie das Prinzip der zielorientierten Planlosigkeit und richten vor und während einer Umsetzung kontinuierlich den Fokus auf das, was wirklich wichtig ist: immer wieder das Ergebnis.

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